Laufen für Anfänger*innen

Veröffentlicht am 04.08.2023
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Rückenschonendes leichtes Laufen und Gehen für den/die Alltagsläuferin

Gehen und Laufen sind von großer Bedeutung für den Rücken und unsere Gesundheit. Wenn wir uns ausreichend bewegen dann machen wir gut 8000 Schritte am Tag. Dabei können wir lurtschen, fegen, preschen, rennen und wieseln. Sputen, flitzen, pesen. Wir können aber auch schlendern, schreiten, gehen, uns wiegen, latschen, wandern und marschieren. Wir bewegen uns gebückt, gebeugt, geneigt, verdreht, schief, geduckt oder aufrecht gestreckt. Derweil sind wir latschbeinig, schlurfend, torkeln, taumelnd oder schlingernd unterwegs. Manche wackeln wie Pinguine beim Gehen, anderen schreiten im Stich- oder Paradeschritt durch die Gegend.

Vielen fällt schon das Gehen schwer - der Gang ist kleinschrittig.

Wir entwickeln solcherart Gehen selber - durch die Arbeit, kleine Unfälle, Operationen. Die gute Nachricht: Sie können das Schritt für Schritt wieder ändern*. Wir können ändern, wie wir sitzen oder wie wir gehen. Wir können unsere Muskeln und Faszien selbst pflegen und behandeln. Sie müssen nicht mit den Hacken auftreten, als würden Sie im Parademarsch an einem Diktator vorüberziehen. Sie müssen auch nicht von einer auf die andere Seite wackeln, weil Sie die Beine kaum noch hochziehen können. Ob durch das viele Sitzen die Hüftbeuger verkürzt sind oder durch Fehlhaltungen im Beruf zum Beispiel ihr „Musculus Quadratis Lumborum“ verkürzt ist (und ihr Orthopäde eine Beinlängendifferenz feststellt). Oder ob Sie ischiasähnliche Symptome bekommen, weil Sie beim Sitzen und beim Gehen den einen Fuß permanent nach außen drehen. Sie müssen nicht fortwährend so weiter laufen oder gehen und schon gar nicht 8000 Mal täglich. Ihr Rücken und Ihre Gesundheit werden es Ihnen danken. Ihre abgewetzten Schuhe an der Ferse auch. Und auch, sofern Sie schönes breites passendes Schuhwerk tragen, könnte es gut sein sein, dass Sie auch damit belohnt werden, in Zukunft auf einen Hallux Valgus verzichten zu können. Es lohnt sich also sich mit dem Alltagsgehen und - laufen kurz zu beschäftigen.

*Wann stimmen die  folgenden Tipps nicht für mich?

Schwere Deformationen des Fußes, der Beine können das im folgenden beschriebene Gehen und Laufen allerdings sehr schwer behindern. Weitere Ursachen dafür können schwere angeborene Fehlentwicklungen sein, Operationen oder Unfälle. Und sollten Sie schwere Beschwerden oder Beeinträchtigungen nach Operation oder Unfall haben, fragen Sie, bevor Sie laufen, Ihren Arzt oder Ihre Ärztin. 

Wie aber geht der Einstieg? - Schritte, jeden Tag

Etwas, was Sie viele tausend Mal täglich machen, kann Ihnen helfen - Gehen. „Wird das Bindegewebe - etwa während einer Krankheit - nicht oder kaum belastet, baut sich das Kollagen schnell ab. Nach vier Wochen Bettruhe hat es 80% Prozent seiner Flexibilität verloren.“ (Müller-Wohlfahrt, 2002, 57). Eine solche verminderte Flexibilität kann vielfältige Beschwerden verursachen. Zusätzlich verwandeln sich Ihre Muskelfasern paradoxerweise vom Alltagshelden-Muskel, die lange anhaltend durchhalten können - in einen kurzatmigen Sprinter. Sie hängen müde und müder auf dem Sofa rum. Aufstehen wird unangenehm. Gehen und Laufen rückt in weite Fernsehferne. Wie ein völlig verstimmtes Saiteninstrument liefern die Fasern des Bindegewebes ihrer Bewegungsmuskulatur dazu auch noch ein eher neuzeitlich klingendes Clustermusikkonzert oder Ihre Muskeln spielen Free-Jazz. Etwas was man nicht andauern wahrnehmen will, nicht bei jedem Schritt. Also wird ausgewichen. Muskeln und Fasern werden stillgelegt. Das viel- und fehlstimmige Konzert rückt damit kurz in weite Ferne.  Und dann? Geht es wieder von vorne los. Müller-Wohlfahrt warnt sogar vor einer „vegetativen Entgleisung“ (Müller-Wohlfahrt, 2018, 366). Matschigkeit, Übelkeit, Schwindel und vieles mehr kann die zusätzliche Folge werden. Daher die Empfehlung für ein rückenschonendes Gehen (Gesundmove) oder Laufen. Auch die „BewegungsDocs“ empfehlen „mehr Bewegung in den Alltag zu bringen - und zwar da, wo sie kaum stört und einem nicht besonders schwer fällt.“ (BewegungsDocs, 2020, 46) 

Leichtlauf und Gesundmove

Es ist leicht in den Alltag zu integrieren und Sie können es nach einer Schritt-für Schritt-Anleitung erlernen und langsam in den Alltag integrieren. Dazu ein paar Hinweise.

Welcher Fußaufsatz ist der Richtige?

Zuallererst ist die Frage, wie setzt der Fuß auf? Wim Luiijpers und Heimo Bercher beantworten diese Frage anschaulich und klar in Ihrem Buch „BodyRunning“. GÜNSTIG FÜR EIN LEICHTES BESCHWERDEFREIES LAUFEN ist der Mittelfussaufsatz beim Laufen. 

Geht es steil bergab ist der Rückfussaufsatz geeignet. Geht es sehr steil bergauf ist der Vorderfußlauf möglich (aber der ganze Fuß setzt dennoch auf!). 

Gehen/Laufen eine Anleitung: Aufsetzen und vorwärts gehts (3 Phasen)

Der Fußdeformität setzt dabei zuerst an der Außenseite auf (Supination) (Phase1) und rollt dann nach innen vorne ab (Phase 2). Dann erfolgt auch der kraftvolle Abdruck über eine Pronationsbewegung - Einknicken des Fußes - für die Vorwärtsbewegung (Phase 3). Schwierig kann das für sehr verspannte Muskulaturen und bei Verformung des Beines werden - zum Beispiel bei O-Beinen. Hier knickt der Fuß nach außen (Unterpronation). 

Die Schrittweite ist wichtig

Machen Sie die Schritte zu klein, trippeln Sie durch die Gegend. Machen Sie die Schritte zu groß, behindern Sie auch den Bewegungsablauf (entweder Sie belasten den Vorfuß oder knallen auf die Ferse). Sind die Schritte zu groß (wie bei den meisten), ist der Fuß vom Körperschwerpunkt entfernt und ihr Bein "landet" gestreckt auf der Ferse. Sind Ihre Wadenmuskeln oder Ihr Bindegewebe um das Sprunggelenk herum verklebt bzw. verkürzt, sollten Sie diese mit geeigneten Selbstbehandlungen und Übungen lockern (Raupengang, Bindegewebsbehandlung, Pronations- und Supinationsübungen). Manche (viele im Alter) gehen ganz kleinschrittig. Sie trippeln mit vornübergebeugten Oberkörper. Oft ist Gangunsicherheit und Schwindel dann die Folge, weil dabei auch der ganze Oberkörper bis hinauf zum Nacken verspannt. Andere marschieren im Stechschritt mit ausgeprägtem Gang auf die Ferse. Probieren Sie es aus. Wer auf der Ferse aufsetzt macht Lärm beim Gehen. Das Bein setzt setzt hart und gestreckt auf dem Boden auf. Sie bekommen leicht Knieschmerzen. Der Oberkörper ist dabei oft ausgeprägt aufgerichtet, die Schulterblätter werden nach hinten gezogen. Viele bekommen dann zusätzlich Beschwerden in den oberen Rücken oder im Schulterbereich. Wenn die Schrittweite zur groß ist, dann müssen Sie bei jedem Schritt erst wieder bremsen. 

Laufen mit der Schwerkraft (nicht dagegen)

Wir können laufen und gehen, weil wir es aus dem ganzen Körper machen. „Der gesamte Oberkörper beteiligt sich (…), die Schultern selbst schwingen auch von vorn nach hinten (…) das Schwingen der Arme geschieht ganz überwiegend passiv, dadurch das Oberkörper und Schultern schwingen.“ (Pohl, Ausbildungsskript Seg 6 2016, 68) Wir bekommen den Schwung, weil wir uns mit dem Bein abstoßen (nicht weil wir das Bein nach vorne schwingen oder von Seite zu Seite wackeln). Gehen und Laufen sind für den Körper ganzheitliche dynamische Prozesse.

Geradeauslaufen

Nicht immer so leicht wie gedacht. Sind die Adduktoren der Oberschenkel sehr verspannt, kreuzen die Füße fast die Bewegungslinie. Achtung: Stolpern! Sind die Außenrotatoren verspannt und der Oberkörper verspannt, so watscheln Sie wie eine Ente oder ein Pinguin. Ihre Füße laufen nach außen und Sie müssen bei jedem Schritt hereingeholt werden. Sie werden dann leider solcherart verspannte Muskulatur auch im Sitzen anspannen. Sie bekommen Beschwerden und Schmerzen am Sitzbein, an der Beinrückseite, Wadenkrämpfe oder Schmerzen im unteren Rücken. Nutzen sie für geschmeidige Außenrotatoren oder Adduktoren unsere Übungsprogramme als Vorbereitung für gesundes Gehen und Laufen.

Laufen & Gesundmove, kein Leistungssport

Vermeiden Sie (mindestens zu Beginn): hetzen, jagen, preschen, rennen, sausen, schießen, stürmen, hasten, stieben, pesen, rasen, schwirren, sprinten, spritzen, spurten, wetzen. Atmen Sie ruhig dabei, der Puls darf sich erhöhen und sollte nicht rasen. Ansonsten wechseln Sie zwischen Laufen und Gehen. Beim natürlichen Gehen und Laufen bewegen sich Oberkörper, Arme und Becken mit - in einer sanften Schwungbewegung gegeneinander -, dann sind das Gehen & Laufen ökonomisch und schön anzusehen

Fotos/Zeichnungen/Video/Text: T. Mörgen 2023

Laufen für Anfänger*innen