Faszien und myofasziale Beschwerden?

„Faszienschichten sind manchmal wie Bandagen. Der Körper umhüllt sich damit und zieht die Faszienbandage sehr fest zusammen.“ (Dr. Ida Rolf - 1896-1979 - Rolfing im Überbick, Physische Wirklichkeit und der Weg zu innerem Gleichgewicht, Paderborn, 1993, S-188) Faszien können weh tun, so beschreibt Frau Rolf ein Stechen und Brennen während der Behandlung mit: „Sicherheitsnadeln aus den Faszien ziehen“ (dto. S. 189).

Was sagt die Forschung zu den Faszien? 

Gesunde Umhüllungen der Muskeln funktionieren wie ein Nylonstrumpf – das Gewebe ist dynamisch, dehnbar und belastbar (Schleip 2005, Stecco 2016, Guimberteau 2016). Wenn allerdings die Fibroblasten (das sind die Zellen, die das Wunderwerk bauen) aufgrund von Stress, Verletzungen, Schonhaltungen usw. beginnen mittels Botenstoffen das Gewebe zu "verstärken", ist Schluss mit Geschmeidigkeit der Muskeln und der Bewegungen – ein unangenehmer störender mitunter schmerzhafter Stützstrumpf entsteht (vgl. Schleip 2005). Auch Nervenbahnen werden davon beeinflusst (vgl. Siegfrid Mense 2021). Selbst vegetative Störungen können auftreten (Müller-Wohlfahrt 2010). 

PSYCHE und Faszien

Schon Feldenkrais erkannte Zusammenhänge zwischen Verspannungen und psychischen Zuständen. „Fehlhaltung lässt sich stets auf Faktoren zurückführen, welche den Gefühlstonus erhöhen“ (Feldenkrais 2005 posthum, 88).

Wie behandeln Sie ihre Faszien/Bindegewebe selber?

In unserer Praxis zeigen wir Ihnen selbstverständlich auch, wie Sie Ihre Faszien selbst behandeln und unterstützen können. Das können Sie selbst manuell machen an Stellen, wo Sie selbst dran kommen oder mit Hilfsmitteln wie der Faszienrolle.  In der "am häufigsten angewandten Form" (Mense, 2021, S. 116) werden die Haut und tiefer gelegene Gewebe durch langsam ausgeübten gleitenden Zug und Druck mit den Fingern beider Hände gedehnt. In unserem Beispiel einer Selbstbehandlung zeigen wir ein solches Verfahren, was auch selbst ausgeübt werden kann. Die Verklebung der Faszien führt zu mangelnder Bewegung und kann Parästesien der Nerven wie auch Schmerzen verursachen, stellt Mense fest (Mense , 2021, S. 116). Es könnte damit zu Hemmung der nozirezeptiven dünnen Afferenzen durch Aktivität der Mechanorezeptoren führen, falls es sich, laut Mense um schmerzhafte Störungen handelt (Mense, 2021, S.116). Die Forschung steht allerdings hier noch am Anfang, Weitere Untersuchungen stehen aus.

Faszien - Pflegende Behandlung

Faszien/Bindegewebe sind Gleitmittel und Haltesubstanz für die Muskeln. Sie können verkleben und vielerlei Beschwerden (mit) verursachen. Mit Hilfe von Faszienrollen (und anderen Tools) versuchen nun viele Trainer und Therapeuten das „abgestandene“ Wasser in die abführenden Venolen oder die Lymphe zu schieben, so dass die Rehydration und damit vermehrt frisches Wasser sich in gebundener Form an die Schmierstoffe anlagern kann. Im Faszientraining nennt man das den 'Schwamm Effekt'. (vgl. Robert Schleip, 8. April 2020, Newsletter Somatic Academy) und Schleip empfiehlt: „Wir empfehlen ein langsames, multidirektionales Auspressen der Gewebe.“ Der Vorteil der multidirektionalen Vorgehensweise wurde unter anderem in Australien bei Ellbogenbeschwerden untersucht (vgl. Int. J. Environ. Res. Public Health 2020, 17, 708). Froböse verweist allerdings  darauf (vgl. Wolf, 2022), dass Faszien vor allem bei älteren Patienten nur zum Herzen hin bearbeitet werden sollen, um den venösen Druck zu verringern.

Richtig üben mit Faszienrollen

Fragen sie zuerst Ihren Arzt, ob das mit den Faszienrollen für Sie persönlich aus medizinischer Sicht in Ordnung geht. Dann: Zuallererst langsam rollen. Bei venösen Problemen (was man Dank vieler guter Ärzte in Deutschland diagnostizieren kann), sollten Sie zur Vorsicht allerdings zum Herzen hin rollen (also nur in eine Richtung). Dann hat der venöse Rückstrom nicht so hart zu arbeiten. So können Sie frohen Mutes langsam und behutsam Ihre Faszien ausrollen und für eine neue Beweglichkeit sorgen. In den Videos zeigen wir die manuelle Selbstbehandlung und fasziale Bewegungen sowie fasziales Rollen.

Grundsätzlich gilt: Bewegung ist immer die beste Option, auch und vor allem bei Verspannungen.  Heißt: Wer seine Muskeln nicht bewegt, kann mit dem Bindegewebe allein nicht genug erreichen (vgl. Wolf, 2022) Daher gibt es neben der Selbstbehandlung auch Übungen, Körperbewußtseinstraining und Empfehlung für Bewegungen zu beachten. Aktivitäten, die wieder Spaß machen, wenn die Beschwerden reduziert werden.

Quellen (Artikel)

Guimberteau, Jean-Claude., Armstrong, Collin. Faszien: Architektur des menschlichen Fasziengewebes. Deutschland: KVM - Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH, 2016.

Mense, Siegfried: Muskeln, Faszien und Schmerz, Thieme, 2021

Müller-Wohlfahrt, Hans-Wilhelm., Hänsel, Lutz., Ueblacker, Peter., Betthäuser, Andreas., Muskelverletzungen im Sport: 48 Tabellen. Deutschland: Thieme, 2010.

Schleip R, Klingler W, Lehmann-Horn F. Active fascial contractility: fascia may be able to contract in a smooth muscle-like manner and thereby influence musculoskeletal dynamics. Med Hypotheses. 2005; 65( 2): 273–277. 107. 

Menon, R.G.; Oswald, S.F.; Raghavan, P.; Regatte, R.R.; Stecco, A. T1ρ-Mapping for Musculoskeletal Pain Diagnosis: Case Series of Variation of Water Bound Glycosaminoglycans Quantification before and after Fascial Manipulation® in Subjects with Elbow Pain. Int. J. Environ. Res. Public Health 2020, 17, 708. https://doi.org/10.3390/ijerph17030708

Stecco A, Stern R, Fantoni I, De Caro R, Stecco C. Fascial disorders: implications for treatment. PM R. 2016; 8( 2): 161–168. 111. 

Wolf, Tanja  (Wissenschaftsrdaktion WDR - Quarks) : Wie sinnvoll sind Faszienrollen? -https://www.quarks.de/gesundheit/wie-sinnvoll-sind-faszienrollen/  vom 11.11.22 - Link vom 26.3.23

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