Dehnen - Stretching in der Therapie


Von Tilo Mörgen, Dipl. Soziologe, Fachautor, Pohltherapeut®
Lektorat: Prof. Dr. Hajo Schneck

Unter Leitung von J. Wilke haben 20 Experten der Wissenschaft einen Konsensus erzielt (Delphi Methode) bezüglich des Nutzens von Dehnen und Stretching. Das Ergebnis: Dehnen wird überbewertet. Es gibt aber sinnvolle Strategien für weniger Steifigkeit und mehr Bewegungsumfang.


Dehnen: Strecken, Räkeln, in die Länge Ziehen - all das hängt auch mit den Faszien zusammen. Der bekannte Faszienforscher R. Schleip zaubert zur Erklärung oft lächelnd eine Fruchtgummischlange aus der Hosentasche. Er dehnt sie ganz langsam in die Länge und beginnt mit Erläuterungen zu Faszien: Warum sich Gummibärchen so schwer schnell in die Länge ziehen lassen? Was passiert, wenn wir diese danach unbeachtet liegen lassen? Und Vorsicht: Zerreißen Sie beim Ausprobieren das Gummibärchen nicht.

Sich leicht und locker bewegen, das ist für viele Patienten und Patientinnen eine traumhafte Vorstellung. Manchmal wehmütig wie aus einer anderen Zeit – „früher, als es noch ging“, – manchmal hoffnungslos: „Konnte ich eigentlich noch nie, war immer etwas da, was weh tat.“.

Reha, Fitness und das Internet voller guter Ratschläge, Dehnübungen und Stretchings: „Mach´s, erkenne Dich dabei selbst; Du wirst befreit werden von Schmerzen, Einschränkungen und diesen unerklärlichen Beschwerden“, orakelt es. Sprudelnde Quellen, die viel versprechen, sich den Lorbeer selbst verleihen. Dem setzt die Wissenschaft die sog. „Delphi-Methode“ (Sackmann 1974) entgegen: Einen systematischer Abstimmungsprozess eines wissenschaftlichen Expertengremiums, um eine gemeinsame Position (mindestens 16 Zustimmungen von 20 Wissenschaftler*innen) zu einem bestimmten Thema zu erzielen. Der 2025 unter Leitung von J. Wilke erzielte Konsensus hat sich darauf geeinigt, dass Stretching und Dehnen grundsätzlich dasselbe bezeichnen.

Dehnen verspricht oft zu viel

Nicht-vegane Gummibärchen enthalten Kollagen. Kollagen ist ein faszialer Baustoff, der beim Dehnen gefordert ist. J. Wilke und 19 weitere führende internationale Wissenschaftler haben Dehnmethoden und Definitionen gemeinsam bestimmt und dann gefragt: Wann hilft Dehnen? Wie hilft es? (Warnecke 2025) Das Ergebnis dieser weltweit bekannten und akzeptierten Expertengruppe für Sport- und Rehabilitationswissenschaft ist ernüchternd: Wilkes Fazit im Spiegel: »Dehnen war lange des Sportlers liebstes Kind, aber leider verspricht es oft mehr, als es hält.« (Römer2025). Nicht-wissenschaftliche Medien wie der Spiegel (Römer 2025) oder die Tagesthemen (Ditschke 2025) nehmen sich dieser Forschungsergebnisse an. Was bringen aber die Ergebnisse für die manuelle Therapie und die Patienten und Patientinnen?

Dehnen birgt Risiken

Ein Weltrekordler, der sich „fast“ zu viel dehnte

Schon Müller-Wohlfahrt (2022) machte mit dem Dehnen unerwünschte Erfahrungen und beschreibt eine solche mit dem Weltrekordler Linford Christie in seinem Buch: „Er nahm das Stretching in sein Trainingsprogramm auf, stellte aber bald fest, dass er nach dem längeren Halten und Verharren in den Dehnübungen keine explosiven Starts mehr aus seiner Muskulatur herausholen konnte, seine Kniegelenke ließen sich nicht stabil halten, als wenn sie ausbrechen wollten, seine Oberschenkelmuskeln hatten ihre Spannung, ihren „Grip“ verloren.“ Die Erkenntnis war, dass Linfords Muskeln nicht zu oft und zu lange gedehnt werden durften, da sonst die Muskelspannung verloren ging.“

Dehnen: Beispiele aus unserer Praxis - Rainer und Helga

Zwei Beispiele aus unserer Praxis sollen anschaulich zeigen, welche Möglichkeiten (auch abseits des Spitzensports) bestehen, um Schmerzen und Beschwerden positiv zu verändern. Ist Dehnen dabei therapeutisch sinnvoll?

Rainer, 45 Jahre, Sachbearbeiter in einem Logistikunternehmen, kommt mit Schmerzen „unten im Rücken“ in die Praxis. Beim Aufstehen nach einem langen Arbeitstag ist der Rücken kaum „gerade“ zu bekommen. Das Aufrichten fällt schwer, tut weh. Langes Sitzen verschlimmert den Schmerz, Bewegung hilft. Der eingerichtete Steharbeitsplatz nützt aber auch nicht viel. Da kommen dann mit der Zeit die Schmerzen im (s.o.) unteren Rücken und Abbrechgefühle beim Bücken. Dehnübungen nach Anleitung aus dem Internet haben die Beschwerden verschlimmert. Nachts meldet sich der Schmerz jetzt auch noch. Immer noch oder zusätzlich?

Helga, 53 Jahre, hat einseitig links einen bösen Schmerz - Hüftbereich, Po-Bereich und nach vorne schmerzhaft in die Leiste ziehend. Sie kann nur noch schlecht durchschlafen wegen der Schmerzen. Helga liegt gerne auf der Seite, weiß aber inzwischen nicht mehr, welche Seite sie wählen soll. Immer wieder beginnen bald die Schmerzen, da kann sie sich drehen und wenden, wie sie will. Bauchlage und Rückenlage helfen nicht. Das Durchschlafen fehlt ihr sehr.

Beide haben viele Ärzte aufgesucht und keine fassbaren kausalen Befunde für die Beschwerden und keine Diagnose erhalten. Helga leitet ein Unternehmen in der Druckindustrie. Sie hat viele Meetings, lange Fahrten (Po-Schmerzen), Arbeiten im Büro und viel Stress von Zeit zu Zeit.

Untersuchung myofaszialer Beschwerden

Die myofasziale Untersuchung (Bindegewebe UND Muskeln) zeigt: Rainer hat stark verkürzte Hüftbeuger (mm. iliopsoas, quadriceps femoris, tensor fasciae latae). Infolgedessen sind auch die Po-Muskeln und weitere Teile der Oberschenkelmuskulatur verkürzt (gehören ja auch zu den schon genannten Hüftbeugern). Er kommt mit den Fingern beim Bücken bis zum Knie, ab da setzt der Schmerz ein. Beim Gehen tritt er klar mit der Ferse auf. Darauf hingewiesen sagt er: „Mein Freund sagt immer, ich laufe in der Wohnung rum, als hätte ich Holzschuhe unter den Füssen, so laut hört er das.“

Bei Helga zeigt sich, dass sie auf der linken Seite das Becken hochzieht zu den Rippen. Sie steht schief und verdreht. Die kurzen Adduktoren sind schmerzempfindlich auf, wenn Sie mit mäßigem Druck durchgebogen werden und der Bewegungsumfang ist seitlich (zum Beispiel beim Seitbeugen) und bei den Adduktoren eingeschränkt. Die schrägen Bauchmuskeln drehen das Becken nach links. Helga stützt sich auch gerne beim Sitzen am Schreibtisch mit dem Kopf auf den linken Arm. Sie hat ihre zwei inzwischen studierenden Kinder immer links auf der Hüfte getragen. Im Internet hat Sie Übungen gefunden: „Die waren schmerzhaft. Ich dachte: Zieh das durch. Haben aber nicht geholfen, eher verschlimmert. Ich hoffe Sie können mir helfen.“

Dehnen: Zwei Schritte nach vorne und dann wieder zurück?

Ziehen sie ein Gummibärchen in die Länge und lassen es danach unbeachtet liegen, wird es mit der Zeit wieder kürzer. Wieso haben Dehnungen der Art, wie sie ein missionarischer Internet-„Guru“ fordert („Ruhig in den Schmerz hineindehnen…“) und das minutenlang, nicht geholfen? Die Muskeln ziehen sich wieder in ihre ursprüngliche Form zurück. Also gerät der Muskel mal zu lang und zu schlaff, mal zieht er sich schmerzvoll verzerrt zurück ins Rührmichnichtan. Das ist aber nicht alles. Für das Lauftraining ist Dehnen „nicht nötig“ (J. Wilke in: Schröder 2025). Nach Ansicht Wilkes hätte Usain Bolt mit viel Dehnen keine Medaille gewonnen.

Wobei Dehnen nicht hilft: 5 Mythen über Bord werfen

Tipps der Experten Kommission (Warneke 2025)

1. Mit Dehnen wird eine Körperfehlhaltung nicht verbessert

2. Dehnen als Methode zur besseren Regeneration im Sport ist nicht belegt und wohl eher sinnlos

3. Zur Erzielung von Kraft- oder Muskelzuwachs kann man Dehnen nicht empfehlen.

4. Bei der Prävention von Verletzungen ist Dehnen nicht empfehlenswert. Krafttraining und/oder Propriozeptionstraining (Hüpf- und Sprungbewegungen, Seilhüpfen, Balanceübungen, Gangtraining … ) sind hier sinnvollere Präventionsmaßnahmen im Sport (vgl. Lauersen 2014)

5. Und bei Muskelkater? Eher leichtes Auslaufen als Dehnen ist da hilfreich.

Was kann Patienteninnen und Patienten helfen?

In der Experten-Empfehlung (Warneke 2025) blieben folgende mögliche positive Aspekte des Dehnens übrig:

• Steifigkeit verringern

• Bewegungsumfang verbessern

• Verbesserung der Gefäßgesundheit

Die Experten um Warneke bleiben ob der vorhandenen wissenschaftlichen Studien und Studiendesigns dennoch vorsichtig hier: „…the recommendation should be taken with some caution.“ (Warneke 2025) Also Vorsicht walten lassen, denn die möglichen Empfehlungen gelten aufgrund unklarer Studienlagen dann zusätzlich nur für Personen, „die möglicherweise nicht in der Lage sind, sich an anderen, vielleicht aktiveren Übungsformen zu beteiligen“ (Warneke 2025).

Die internationale Expertengruppe (Warneke 2025) hat jedoch erstmals einheitliche Definitionen für verschiedene Stretching-Modi (Dehnmöglichkeiten) entwickelt, um die terminologische Verwirrung in der Forschung zu beenden.

Drei Dehnmethoden stehen dafür zur Auswahl

1. Statisches Dehnen: 2 Durchgänge von 5-30 sec. Sanftes Dehnen zur Verbesserung der kurzfristigen Beweglichkeit. Um langfristige Effekte zu erzielen, empfiehlt das Gremium mehrere Durchgänge bis 4 Minuten an 5 Tagen in der Woche. Die Steifigkeit verringert sich allerdings genauso durch Muskeltraining bzw. ähnlich fordernden Sport, wenn die Bewegungen während der Aktivität den gesamten möglichen Bewegungsumfang nutzen (Wilke in: Schröder 2025)

2. Dynamisches Dehnen: langsame oder schnelle federnde Bewegungen

3. Propriozeptive neuromuskuläre Entspannung – PNE (s.u.)

Muskeln und Faszien - unser Dynamikum: Angezählt

Wilke hat in seinen Forschungen über das Dehnen festgestellt, dass durch weitende Bewegungen nicht der Muskel „länger“, sondern die Faszie elastischer bzw. in ihrer Struktur verändert wird. Wir sollten Faszien also pfleglich behandeln: Unser inneres Gummibärchen lebt von Kopf bis Fuß. Bei Faszien gibt es den Prozess der Fibrosierung, das ist eine Wucherung des Fasziengewebes in alle möglichen Richtungen. Weiterhin gibt es den Prozess der Adhäsion, die eine Erschwerung oder Verhinderung der Verschieblichkeit der Faszienschichten untereinander bewirkt. Wilke und Brandl - siehe unser PODCAST FASZIENIEREND NR.4 (https://youtu.be/gZ4kKTY4aLA) - haben in einer gemeinsamen Untersuchung festgestellt, dass die Faszien bei Rückenschmerzen „dicker“ werden. Die Verdickung des Fasziengewebesentspricht einer Flüssigkeitseinlagerung. Stecco verweist hier auf potenzielle Entzündungsgefahren (Stecco 2023). Durch die Verdickung des Gewebes entsteht zudem vermehrter Druck. Dieser könnte zur Entstehung von Schmerz beitragen. Zudem ist die Beweglichkeit erschwert (Brandl 2024). Dazu kommt: Fasziengewebe sind voller Nervenzellen. Rainer spürt das, wenn er sich bücken bzw. aufrichten will. Brandl ist zudem der Meinung, dass die Gleitschicht zwischen den Faszienschichten sich verändert, weil diese Schicht selber in einen zäheren Zustand gerät, vergleichbar dem Unterschied zwischen einem zähen, gekühlten Honig und einem gewärmten fließenden Honig. Die Scherbeweglichkeit klemmt. Erste Forschungsergebnisse zeigen übriges, dass diese Scherbeweglichkeit der Zwischenschichten beim Ehlers-Danlos-Syndrom eine Rolle spielt: „Extrazelluläre Matrixveränderungen in Ehlers-Danlos-Syndromen können sich als reduziertes Gleiten zwischen fasziales Ebenen manifestieren“ (Wang 2023). Wilke hat noch etwas Besonderes festgestellt: Der Schmerz muss nicht lokal genau an einem bestimmten Ort auftreten, sondern kann über „fasziale“ Ketten (Wilke 2016) quasi „weitergeleitet“ (Krause 2016) werden. Korrektes Dehnen bringt - zumindest bei richtiger Vorgehensweise - eine kurzfristige Verbesserung der Beweglichkeit und des Bewegungsumfangs. Notwendige Myofasziale Veränderungen werden durch zusätzliche therapeutische Methoden oder Selbstbehandlungen in die Wege geleitet.

Der Weg: Propriozeptive neuromuskulären Entspannung (PNE)

Eine Alternativ zum Dehnen ohne negative Effekte bietet laut Experten-Gremium (Warneke 2025) und laut dem Mitautor J. Wilke (in: Schröder 2025) die Technik (PNE), bei der statische Dehnungen bei gleichzeitiger Anspannungausgeführt werden. In unserer Praxis verwenden wir daher Pandiculations nach Th. Hanna (Hanna 2016), die beides bieten. Wir erreichen dadurch eine Verbesserung der Beweglichkeit und eine Steigerung der Körperwahrnehmung (Propriozeption - zu weiteren Effekten vgl. Mörgen 2024). Wir leiten zusätzlich Patienten und Patientinnen zu Körperübungen an, die das Prinzip der PNE einbeziehen, um das Erreichte zu vertiefen. Solche Übungen sind in unserer kostenlosen APP GesundMove enthalten.

Muskelsteifigkeit und das vaskuläre System können zusätzlich durch andere Übungs- und Bewegungsformen sowie manualtherapeutisch positiv beeinflusst werden (Brandl 2024, Müller-Wohlfahrt 2022, Römer 2025, Schleip 2025). Viele Patient*innen entdecken damit etwas, das sie als „neue Leichtigkeit in der Bewegung“ bezeichnen.

Dehnen in der therapeutischen Praxis

Wir verzichten zum Start der Therapie auf das lange Stretching. Die Patienten*innen lernen zunächst im ersten Schritt, beim Dehnen ruhig und gleichmäßig zu atmen. Sie erlernen die PNE-Dehnung, bis sie ein leicht unangenehmes Ziehen verspüren, und verharren in dieser Position. Sie beginnen nicht mit voller Intensität, sondern steigern die Spannung und die Zeitspanne behutsam, bis sie die empfohlenen Zeitspannen erreichen. Erst wenn der Bewegungsablauf und die dazugehörige Achtsamkeit (also nicht: „mehr Schmerz hilft mehr“) gelernt sind und die Muskeln dazu in korrekter Bewegung benutzt werden (bei vielen Beschwerden bestehen Schutzhaltungen und Schonbewegungen), können Patienten und Patientinnen zu Hause diese Übungen selbst gestalten. J. Wilke führt in einem Spiegelartikel (Römer 2025) zwei Übungen als Beispiele an. Sie zeigen einen komplexen anspruchsvollen Bewegungsablauf im Sinne von PNE und sind vom Yoga her zumindest bekannt. Allerdings sind die Übungen für manch einen Patienten und Patientin sehr ambitioniert, aber dennoch durchaus als Entwicklungsziel denkbar. Das können wir aus der Praxis bestätigen.

Wie geht es für Rainer und Helga weiter?

Wir lassen Rainer seine Hüftbeuger ein wenig anspannen und verkürzen. Dann geben wir sogar unter Umständen ein wenig Widerstand hinzu und lassen ihn dann die Hüftbeuger langsam lösen. Der Umfang der Bewegung ist möglichst vollständig. Helga macht Pandiculations nach Th. Hanna mit dem M. quadratus lumborum, den Adduktoren und den Mm. Obliqui (interni, externi). Sie erlernt mehrere Eigengewichtsübungen für zu Hause und kann diese sogleich in unserer APP GesundMove überprüfen. Therapeutisch sinnvoll lassen wir viele Muskeln bewegen - quasi in Kombination miteinander. Spieler und Gegenspieler lernen die Abläufe - lernen loslassen, anspannen und fangen an miteinander zu kommunizieren („sich zu vernetzen“). Wilke weist darauf hin, dass sogar Krafttraining - unter der Voraussetzung des vollen Bewegungsumfangs - sinnvoll für die Beweglichkeit der myofaszialen Systeme ist (in: Römer 2025).

Nach wenigen angeleiteten „Übungen“, die Rainer übrigens auch auf der Faszienrolle als Übung mit nach Hause bekommt – siehe „unterer Rollenstreck“ in der APP GESUNDMOVE der Praxis Bruckmann (Bruckmann 2021) –, sagt Rainer: Ich liege ja jetzt viel flacher auf. Meine Beine fühlen sich länger an.“ Ein erster Schritt und eine Entlastung. Denn seine Beschwerden und Schmerzen sind ja „unten, hinten“ wie Rainer sagt. Und wir behandeln gerade vorne die Hüftbeuger - allerdings die Mitverursacher des Problems. Helga nutzt die APP GesundMove zur Partnerbehandlung, sodass ihr Mann lernt, Sie zu „behandeln“. Zusätzlich gibt es durch unsere Techniken der Bindegewebsbehandlung Interventionen, welche die Scherbeweglichkeit, die Ödemisierung einzelner Faszienschichten verbessern, wie es beispielsweise A. und C. Stecco vorschlagen. Die Nervenzellen und Verbindungen zum autonomen Nervensystem wiederum lassen sich durch andere Techniken ansprechen (Brandl 2024, Overmann 2023, Schleip 2023). Wir sind also bei allen positiven Effekten nur mit Dehnungen den Problemen und den damit oft verbundenen unerklärlichen Beschwerden nicht vollständig auf der Spur. Es bedarf zusätzlicher Techniken und Methoden, um schmerzverursachende Funktionsstörungen zu verändern. Wir können die Bedeutung einer effektiven Wissenschaftskommunikation und Implementierungsforschung nur hervorheben, „da die bloße Generierung von Wissen nicht bedeutet, dass es in Verhalten in der Allgemeinbevölkerung umgesetzt wird.“ (Unger, 2025)

Das myofasziale System

Patientinnen und Patienten in unserer Praxis lernen statt reißenden Bewegungen wieder den natürlichen Bewegungsspielraum auszuschöpfen. Statt Schonhaltung und Schonbewegung kommen Körperbewußtsein und Bewegung ins Spiel (Propriozeption) und damit Bewegung als Medizin. Der letzte Halbsatz wäre einen weiteren Artikel über die neuromyofaszialen, psychosomatischen und molekularbiologischen Zusammenhänge wert, wie die Wissenschaftler Schleip, Stecco C, Stecco A, Brandl, Schubert, Overmann sie mehr und mehr für die Praxis erforschen.

Von der Theorie in die Praxis: Wir reduzieren beim Behandeln die Komplexität der geschilderten Ansätze zu einem einfühlsamen, stressfreien und individuell zugeschnittenen Behandlungs- und Bewegungskonzept zum Nutzen der Patienten und Patientinnen, denen wir genau zuhören und die wir genau untersuchen.

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